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ASCR forscht an intelligentem Schutz fürs Stromnetz

Stromnetze fit für die Energiewende

Die intensive Einspeisung über erneuerbare Energiequellen und der Boom von Elektrofahrzeugen stellen Stromnetze vor Herausforderungen. Die Aspern Smart City Research GmbH (ASCR) hat zusammen mit einem Team aus Forschung und Industrie im Rahmen des Förderprojekts „PoSyCo“ von 2019 bis 2022 ein Konzept entwickelt, das die Netzsicherheit mittels neuer Tools noch weiter stärken soll. Im „Digitalisierungslabor“ werden erste Teile des Systems bereits erfolgreich von den Wiener Netzen unter realen Bedingungen eingesetzt. Durch die Forschungsarbeit der ASCR können wertvolle Ergebnisse gewonnen werden, die bei der Integration von dezentralen Energieerzeugungsanlagen und neuen Verbrauchern unterstützen und somit die bestehenden Netzkapazität optimal genutzt wird.

Die ASCR hat das Förderprojekt PoSyCo unter der Leitung des Austrian Institute of Technology (AIT) gemeinsam mit den Wiener Netzen, Siemens, der TU Wien, der TU Graz und der MOOSMOAR Energies OG entwickelt. Das Projektbudget betrug 3,7 Millionen Euro und wurde vom Klima- und Energiefonds mit 2,5 Millionen Euro gefördert.
Bisher war der Energieverbrauch der Bevölkerung passiv und damit gut abschätzbar. Immer mehr Menschen werden jedoch aktiver Teil der Energiewende, wie beispielsweise durch Energiegemeinschaften, den Anstieg von PV-Anlagen oder den Boom der Elektromobilität. Die Energiewende und die Umstellung auf erneuerbare Energien fordert die Stromnetzinfrastruktur, Netzbetreiber investieren daher vorausschauend, um die Netze noch weiter zu ertüchtigen. So untersuchte die ASCR im Förderprojekt „PoSyCo“ die Ausgestaltung der Stromnetze, um auch bei alternativen Energieformen und Energiegemeinschaften jederzeit Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Das von der ASCR im Projekt PoSyCo mitentwickelte Konzept der „SOFTprotection“ kann als intelligentes „Add-on“ für herkömmliche Netzschutzkonzepte dienen. Untersucht wird dabei, wie Stromnetze zu „Smart Grids“ werden können – und als automatisierte, vorausschauende und digitalisierte Systeme Probleme frühzeitig erkennen sowie durch implementierte Schutzfunktionen zu jederzeit Versorgungssicherheit garantieren.

Künstliche Intelligenz bewertet Störungen
Ein Ziel des Projekts war es, die bestehende Infrastruktur so auszurüsten, dass Leistungsspitzen vermieden und die Lasten jederzeit bestmöglich und effizient genutzt werden. „Mit den Entwicklungen im Rahmen von PoSyCo haben wir einen Werkzeugkasten für den zukünftigen Verteilnetzbetrieb geschaffen, der den komplexen Anforderungen der Energiewende bei gleichzeitiger Energieversorgungssicherheit gerecht wird“, sagt der Technische Koordinator und ASCR Projektleiter Alfred Einfalt, Principal Key Expert bei Siemens. Das SOFTprotection-System kann Störungen identifizieren, indem es Daten sammelt, Fehlerberichte empfängt und diese entsprechend analysiert. Das intelligente System vermag selbst zu erkennen, welches Problem vorliegt und wie kritisch es einzustufen ist. Die im Rahmen des Forschungsprojekts definierte Rolle des „SOFTprotection Operator“ bewertet dann die aufbereitete Situation und entscheidet, ob es das Netz weiter beobachten soll oder ob eine*n Techniker*in vor Ort benötigt wird. Dies unterstützt Netzplaner*innen und Netztechniker*innen bei ihrer Arbeit, da sie dankkontextspezifischer Information schneller reagieren können.

Gebäude der aspern Seestadt ausgestattet mit Sensoren
Getestet wird die SOFTprotection von den Projektpartner*innen gemeinsam mit der ASCR in einem realen Stromnetz. Die aspern Seestadt bietet für eine derartige Forschung die besten Bedingungen: Intelligente Gebäude (Smart Buildings) werden mit dezentral bereitgestellter Energie versorgt, wie beispielsweise in der Wohnhausanlage D12 oder im Schulcampus D18A, wo Solarthermie, Photovoltaik und Wärmepumpen zum Einsatz kommen. Auch die Stromnetze sind mit Sensoren ausgestattet, so dass sich verfügbare Netzkapazität jederzeit analysieren lassen und der Energieverbrauch bewertet werden kann. Weiterführende Tests und Evaluierungen der Lösungen wurden von den Projektpartnern Austrian Institute of Technology, TU Graz und TU Wien sowohl in deren Labors als auch mittels Simulationen erfolgreich durchgeführt.

Praxisrelevante Forschung: Digitalisierungslabor der Wiener Netze
Im Rahmen von PoSyCo wurde ein Digitalisierungslabor, das Smart Grid Lab, geschaffen, das der ASCR ermöglicht, Forschungsergebnisse mit Anwender*innen und Projektpartner*innen zu teilen. Die Wiener Netze simulieren dort unter realen Bedingungen verschiedene Probleme und Störungen, um sie noch schneller zu erkennen und zu beheben. So können die Integration der Prozesse, der Einbau und Anschluss der erforderlichen Messtechnik sowie die Verarbeitung und Visualisierung der Daten live erlebt werden. „Als Stromnetzbetreiber tun wir alles, um die Energiewende zu ermöglichen. Unsere Netze sind hier ein wichtiger Hebel. Das Digitalisierungslabor hilft uns, unsere Netzinfrastruktur noch widerstandsfähiger zu machen und auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. So garantieren wir weiterhin Versorgungssicherheit“, sagt Roland Zoll von den Wiener Netzen. Das Projekt hat nicht nur Lösungen für einen sicheren Betrieb der unteren Netzebenen als Basis für die Energiewende hervorgebracht, sondern auch unter wissenschaftlichen Bedingungen gezeigt, wie technische und organisatorische Prozesse implementiert und gesteuert werden können.

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3 Fragen an…

In unserer Reihe „3 Fragen an“ haben wir diesmal Eva Dvorak, Leitung der Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften in Österreich im Klima- und Energiefonds, Fragen zu Energiegemeinschaften gestellt.

Welche Rolle spielen EGs in der zukünftigen Energielandschaft?

Für eine zentrale Rolle von Energiegemeinschaften in unserer Energielandschaft spricht natürlich viel – herausheben möchte ich hier drei ganz wesentliche Punkte:

Erstens: Energiegemeinschaften sind gut für‘s Klima. Österreich möchte bis 2040 klimaneutral werden und schon 2030 soll der Strom bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Energiegemeinschaften bieten Privatpersonen, Gemeinden und Unternehmen die Möglichkeit, diese Energiewende aktiv mitzugestalten und  das Klima zu schützen.

Zweitens: Energiegemeinschaften sind die ideale Lösung für jene, die ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen wollen. Die gemeinschaftliche, dezentrale Produktion von Energie macht die Energieversorgung auch krisensicher. Energiegemeinschaften machen sich von Preisschwankungen auf dem Energiemarkt unabhängiger. Strom oder Wärme wird innerhalb der Energiegemeinschaft zu selbstbestimmten und stabilen Preisen geteilt. Das bringt mittel- bis langfristige Planungssicherheit.

Drittens: Nicht zuletzt erhöhen Energiegemeinschaften die regionale Wertschöpfung und schaffen Green Jobs. Durch die Errichtung der Anlagen vor Ort, aber auch durch den gemeinschaftlichen Energiehandel bleiben die Investitionen in der Region. Strom und Wärme werden durch Energiegemeinschaften zu wichtigen Gütern der Nahversorgung.

 

Vor welchen Herausforderungen stehen wir, um eine EG zu gründen?

Die rechtliche Grundlage für die Gründung von Energiegemeinschaften in Österreich wurde im Sommer 2021 durch das EAG beschlossen. Plant man die Gründung einer EG, dann lohnt sich zunächst auch Blick auf www.energiegemeinschaften.gv.at – dort stehen Erklärvideos, Broschüren, Ratgeber und Verträge sowie eine Sammlung detaillierter Fragen zum Thema Energiegemeinschaften (FAQs) zur Verfügung. Und auch die Beratungsstellen in den Bundesländern stehen allen, die eine Energiegemeinschaft gründen wollen, beratend zur Seite.

Bis Anfang 2023 wurden knapp 300 Energiegemeinschaften (EG) in Österreich gegründet – Tendenz stark steigend. Das Modell funktioniert, das Interesse an Energiegemeinschaften ist extrem groß.

Die Landkarte zeigt eingetragene Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) und Bürgerenergiegemeinschaften (BEG).

 

Wie werden sich EGs zukünftig entwickeln?

Wir sind in Österreich, was die Gründung von Energiegemeinschaften anbelangt, sehr weit vorne. In den letzten 2 Jahren wurden rund 300 Energiegemeinschaften gegründet. Im nächsten Schritt werden Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) vorangetrieben. Diese dürfen im Gegensatz zu EEGs nur Strom erzeugen, speichern, verbrauchen und verkaufen – Wärme ist hier ausgeschlossen. Aber eine BEG kann sich über die Konzessionsgebiete mehrerer Netzbetreiber in ganz Österreich erstrecken – was natürlich enorm attraktiv ist. Ab dem Herbst 2023 werden BEGs in vollem Umfang möglich sein. Und mit Anfang 2024 ist auch eine Mehrfachteilnahme möglich, d. h. Verbraucher*innen und Erzeuger*innen können an mehreren Energiegemeinschaften und gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen teilhaben. Sie sehen – Energiegemeinschaften sind ein sehr dynamischer und spannender Markt. Ich kann nur jeden und jede aufrufen, sich zu informieren und wenn möglich eine Energiegemeinschaft zu gründen.

 

 

 

 

 

 

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ASCR Smart City Forum zu Energiegemeinschaften

Demokratisierung des Energiemarkts

Am Mittwoch, 22. März 2023, fand die zweite Ausgabe der ASCR-Eventreihe „Smart City Forum“ in aspern Seestadt statt. Die ASCR (Aspern Smart City Research) ist Europas größtes und innovativstes Energieforschungsprojekt. Eva Dvorak (Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klima- und Energiefonds) führte mit einer Keynote in den Abend. Gemeinsam mit Moderator Harald Loos (Siemens) diskutierten Magdalena Gerzer (Wien Energie), Bernadette Fina (AIT Austrian Institute of Technology), Eva Dvorak und Mario Leitner (Wiener Netze) die aktuellen Herausforderungen und Chancen von Energiegemeinschaften. Die 60 Teilnehmer*innen wurden zudem in kurzweiligen Impulsvorträgen über die erste erneuerbare Energiegemeinschaft der ASCR im Donaupark und Netzentlastung durch Interaktion mit Kund*innen informiert.

Energiegemeinschaften erzeugen gemeinsam Energie, um sie in der Gemeinschaft zu nutzen, also sie an ihre Mitglieder zu verteilen. So kann Energie über Grundstücksgrenzen hinweg genutzt werden und das ohne Gewinnorientierung und zu fairen Preisen. „Energiegemeinschaften werden wichtige Akteure im Energiesystem und eine große Rolle bei der Energiewende spielen. Deshalb forscht die ASCR dazu in einem eigenen Use Case“, so Matthias Gressel und Georg Pammer, Geschäftsführer der ASCR, in ihrer Begrüßung.

Georg Pammer, Matthias Gressel ©Andreas Tischler

„In Zukunft steht der Prosumer im Mittelpunkt“, führte Eva Dvorak, Leiterin der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klima- und Energiefonds, weiter aus. Sie betonte darüber hinaus, dass Energiegemeinschaften einen wahren Meilenstein für die Energiewende und damit für den Klimaschutz darstellen. Denn erstmals, so die Expertin, erhält die Bevölkerung die Möglichkeit, saubere Energie flexibel zu teilen und den Ausbau eines dezentralen Energiesystems zu ermöglichen.

Demokratisierung des Energiemarkts

„Durch Energiegemeinschaften kann die Bevölkerung ihre Energieversorgung selbst gestalten“, so Bernadette Fina, Wissenschaftlerin beim AIT – Austrian Institute of Technology. Sie bieten wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile und stärken den Zusammenhalt in der Gemeinschaft auf regionaler sowie lokaler Ebene und fördern die nationale Wertschöpfung. Mario Leitner, Hauptabteilungsleiter bei den Wiener Netzen, ergänzte, dass die Energiewende nur dann erfolgreich gelingen könne, wenn die Bevölkerung mitgenommen und somit sowohl an die Verteiler als auch die Erzeuger von Energie gedacht werde. „Energiegemeinschaften sind ein wesentlicher Teil der Demokratisierung des Energiemarktes und bieten ein aktives Beteiligungsmodell für alle. Energieversorger können mit gebündelten Kompetenzen sowohl Technologien als auch Dienstleistungen für Gründer*innen und Mitglieder anbieten und somit Zugangsbarrieren abbauen“, fasste Magdalena Gerzer, Projektleiterin für Energiegemeinschaften im New Business Development bei Wien Energie, die Vorteile zusammen.

Bernadette Fina, Mario Leitner, Harald Loos, Eva Dvorak, Magdalena Gerzer ©Andreas Tischler

 

Energiegemeinschaften für Klimaziele unerlässlich

Um Energiegemeinschaften zu realisieren und den Boom der Erneuerbaren zu bewältigen, müssen Netzbetreiber vorausschauend planen und die notwendige Infrastruktur ausbauen. „Da ist auch viel Aufklärungsarbeit über die Komplexität der Stromnetze notwendig, um breite Akzeptanz zu schaffen“, so Mario Leitner. Die Gemeinschaften sind ein Instrument zur autarken Energieversorgung, gleichzeitig werden Netzbetreiber eine zentrale Rolle bei der Datenerfassung und Einordnung spielen, um Netzkapazitäten jederzeit optimal bereitzustellen. Die Expert*innen waren sich einig, dass Energiegemeinschaften unerlässlich sind, um die Klimaziele zu erreichen. Die Bereitschaft der Bevölkerung wird dabei ausschlaggebend sein. Denn nur mit einer dezentralen Energieversorgung kann Österreich bis 2040 klimaneutral werden.

Bevor Moderator Harald Loos, Leiter der zentralen Forschungseinheit bei Siemens Österreich, die Gäste in den entspannten Ausklang des Abends schickte, präsentierten Christopher Kahler und Alfred Einfalt zentrale Forschungsergebnisse der ASCR.

ASCR Use Case 8: Gründung der „Ersten Erneuerbaren Energiegemeinschaft Donaupark“

Christopher Kahler, Use Case-Leiter und Experte bei den Wiener Netzen für technische Projekte im Bereich der Digitalisierung, präsentierte im Anschluss an die Podiumsdiskussion die aktuellen Ergebnisse des Use Case „Energiegemeinschaft“. In diesem Use Case werden die effiziente Nutzung von Netzkapazitäten, rechtlichen Rahmenbedingungen und Auswirkungen auf Stakeholder, Verbraucher*innen und Erzeuger*innen von Energiegemeinschaften erforscht. Im Rahmen des Use Case 8 wurde in Wien die „Erste Erneuerbare Energiegemeinschaft Donaupark“ mit Unterstützung der ASCR gegründet. Das Forschungsteam unterstützte bei der Planung, Einreichung, im laufenden Betrieb sowie bei der Abrechnung. „Die ASCR erreicht in der realen Anwendung die nächste Stufe der Datenanalyse. Ziel ist es, Energiegemeinschaften virtuell über das Stromnetz darzustellen, ein Dashboard zu erstellen und die Ergebnisse abzubilden. Energiegemeinschaften sind neue Marktteilnehmer, die sich weiterentwickeln werden“, so Kahler abschließend.

Netzentlastung durch Interaktion mit Kund*innen

In einem weiteren Impulsvortrag erklärte Alfred Einfalt, Principal Key Expert bei Siemens Österreich, die Notwendigkeit einer digitalen Kundenschnittstelle für den Netzbetreiber. Die zunehmenden Leistungsspitzen und der Trend zur Erhöhung von Gleichzeitigkeiten, wie beispielsweise das Laden von E-Autos am frühen Abend nach der Arbeit, stellen bewährte Netzplanungsregeln auf den Prüfstand. Um die vorhandene Infrastruktur effizient auszunutzen zu können, setzen Netzbetreiber neben dem Ausbau der Primärtechnik daher noch stärker auf Digitalisierung. „Die Netzbetreiber-Kunden-Interaktion wird ein wichtiger Baustein für die Wärme- und Mobilitätswende sowie für die Erreichung der Erneuerbaren-Ausbauziele sein“, erklärte Einfalt. „Kund*innen sollen durch direkte Interaktion mit den Netzbetreibern und anhand der zusätzlichen Informationen, welche sie erhalten werden, ihr Verhalten anpassen und so die Netzkapazitäten optimal nutzen.“

Energiegemeinschaften auf einen Blick

Lokal beschränkte Erneuerbare-Energie Gemeinschaft (EEG)
  • Lokale EEG (Netzebene 6 und 7 / Niederspannungsnetz)
  • Regionale EEG (Netzebene 4 und 5)

Mitglieder von EEGs können Privat- oder Rechtspersonen sein, Gemeinden, lokale Behörden oder auch KMUS. Sie müssen in der Nähe der Erzeugungsanlage angesiedelt sein.

Geografisch unbeschränkte Bürger*innengemeinschaft (BEG)
  • Darf nur elektrische Energie erzeugen, speichern, verbrauchen und verkaufen
  • Ist nicht auf erneuerbare Energiequellen beschränkt und sich über mehrere Konzessionsgebiete in ganz Österreich erstrecken.

© Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klima- und Energiefonds

Weitere Informationen zu Energiegemeinschaften finden Sie hier.

Weitere Grafiken finden Sie hier im Downloadbereich.

© Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klima- und Energiefonds

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Matthias Gressel übernimmt Co-Geschäftsführung der ASCR

Matthias Gressel (40) verstärkt seit Februar 2023 die Geschäftsführung der Aspern Smart City Research GmbH (ASCR), Europas größtem und innovativstem Energieforschungsprojekt von Siemens, Wien Energie, Wiener Netze, Wien 3420 und Wirtschaftsagentur. Matthias Gressel übernimmt die Position neben Georg Pammer von Robert Grüneis, der in den Vorstand der Wien 3420 gewechselt ist.

Der Wiener Jurist war zuletzt im Büro der Geschäftsführung der Wiener Netze, Österreichs größtem Kombinationsnetzbetreiber, tätig. In seiner Funktion als neuer Geschäftsführer der ASCR bringt Gressel seine Expertise in den Bereichen Energiewende und Raus aus Gas sowie Smart Grid und Digitalisierung ein. „Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien und der nachhaltigen Stadtentwicklung. Smart Cities spielen eine immer wichtigere Rolle in einem ganzheitlich zu betrachtenden Energiesystem. Wir müssen uns als Gesellschaft stärker auf die Entwicklung und Nutzung von intelligenten Lösungen konzentrieren, um eine energieeffiziente und klimafreundliche Zukunft zu gewährleisten“, so Gressel.
Georg Pammer, Geschäftsführer der ASCR, zeigt sich ebenso erfreut über die Verstärkung: „Mit Matthias Gressel haben wir einen ausgewiesenen Experten für Energiethemen im Team. Als langjähriger Mitarbeiter der Wiener Netze haben wir den richtigen an unserer Seite, wenn es darum geht die Forschungsarbeit der ASCR weiter voranzutreiben.“

 

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3 Fragen an…

In unserer Reihe „3 Fragen an“ haben wir diesmal Doris Österreicher, Partnerin/Architektin bei Treberspurg & Partner und Dozentin an der BOKU Wien, Fragen zu Gebäuden und Energie gestellt.

Was sind Energieflexible Gebäude und warum braucht es diese?

Für eine nachhaltige Energiewende ist es unabdingbar fossile Energieträger mit erneuerbarer Energie zu ersetzen. Nachdem Sonne, Wind- und Wasserkraft wetterabhängig und sind, müssen diese Energiesysteme immer auch zusammen mit Speichern angedacht werden. Gebäude können hier einen wertvollen Beitrag liefern, da sie durch die Einbindung von elektrischen Batterien, aber vor allem durch ihre thermische Masse eine effiziente Speicherung ermöglichen. Energieflexible Gebäude verfügen über die notwendige System- und Regelungstechnik, um Energie zu bestimmten Zeiten aufzunehmen, zu speichern und auch wieder abzugeben. So können Gebäude z.B. mit einer wettergestützten Regelung vorgeheizt werden, wenn gerade ein Überschuss an erneuerbarer Energie vorhanden und es in den Folgetagen abkühlt. Oder auch umgekehrt, im Kühlfall kann das Gebäude mit der Kombination einer Bauteilaktivierung und Wärmepumpen erneuerbare Energie effizient nutzen. Energieflexibilität ist demnach ein wesentlicher Baustein einer nachhaltigen Gebäudeplanung.

Wie macht man konventionelle Städte zu „Smart Cities“?

Der Begriff „Smart Cities“ beschreibt eine systemische Herangehensweise an eine effiziente und lebenswerte Stadt. Verschiedene Sektoren, wie z.B. Energieversorgung, Gebäude, Mobilität und Industrie, werden intelligent miteinander verbunden, um dadurch Optimierungspotenziale auszuschöpfen. Während die systemtechnische Verknüpfung, die durch die erhöhte Digitalisierung erst ermöglicht wurde, einen relevanten Beitrag leistet, sind es vor allem die Aspekte der Lebensqualität, die mit einer Smart City in Verbindung gebracht werden. Für die strategische Planung der Bestandsstadt bedeutet dies in erster Linie ein Transformationsprozess, der alle Aspekte der Stadtplanung adressiert. Dies inkludiert z.B. Sanierung und Nachverdichtung, die Stadt der kurzen Wege, die Integration von erneuerbaren Energien oder auch die Verbesserung des Mikroklimas, Begrünung und die Entsiegelung von Flächen. Wichtig ist dabei immer die ganzheitliche Perspektive und damit die Berücksichtigung der Wechselwirkung der einzelnen Maßnahmen sowie die Einbindung von Bürger*innen und Expert*innen, um lokal angepasste Lösungen zu entwickeln.

Mehr als 40 % der klimarelevanten Emissionen werden der Errichtung und dem Betrieb der Gebäude zugeschrieben. Jede Verbesserung im Gebäudesektor, jedes Prozent an Energieeffizienz trägt zur Erreichung der Klimaziele bei. Die Optimierung des Gebäudebestands spielt dabei die mit Abstand wichtigste Rolle da diese den größten Anteil am Ressourcenbedarf ausmacht. Im Neubau entwickelte und erprobte Technologien können dabei auch für den Bestand adaptiert werden. So wird z. B. die Bauteilaktivierung, die im letzten Jahrzehnt im Neubau immer mehr zur Anwendung kommt, auch vermehrt in der Sanierung eingesetzt, wo über außenliegende Wandsysteme die Gebäudetechnik auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann, ohne die Bewohner*innen während der Bauarbeiten zu beeinträchtigen. Demonstrationsprojekte spielen in der Implementierung von innovativen Technologien eine besonders relevante Rolle, da hier vorab entwickelte und im Labor getestete Systeme in einer echten, physischen Umgebung integriert und optimiert werden können.

Wie muss das Gebäude der Zukunft aussehen, in dem Sie arbeiten möchten?

Das Gebäude der Zukunft steht schon. Wir müssen unseren Fokus auf den Gebäudebestand richten, damit wir die Energiewende im Bausektor auch nur annähern schaffen. In der Bausubstanz sind schon Unmengen an Ressourcen gebunden, ein Neubau benötigt zumeist über den gesamten Lebenszyklus betrachtet mehr Energie, mehr Materialien und mehr Fläche. Demnach möchte ich in einem hoch-effizient sanierten Altbestand arbeiten, der die Ansprüche an eine moderne Arbeitsumgebung erfüllt. Niedriger Energiebedarf, die Integration von erneuerbaren Energien, intelligente Steuerung der technischen Systeme, Zugang zu Freiflächen und Begrünung und vor Allem auch eine gute Architektur, die alt und neu ästhetisch anspruchsvoll miteinander verbinden sind die wesentlichen Aspekte, die ein zukunftsfittes Gebäude ausmachen.

 

 

 

 

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Von smarten zu autonomen Gebäuden – Gastkommentar Forbes

Laut der US-Klimabehörde NOAA stehen die weltweiten CO2-Emissionen auf einem noch nie dagewesenen Höchststand – um genau zu sein haben wir den historischen Höchststand seit 1 Mio. Jahre erreicht – mit dramatischen Folgen für unser Klima. Viele der entstehenden Risiken ballen sich dabei vor allem in urbanen Räumen. Städte stehen aber nicht nur aufgrund der Klimakrise vor immer größeren Herausforderungen, hinzu kommen die steigenden Energiepreise, die damit verbundene drohende Energieknappheit und Risiken der Versorgungssicherheit sowie das zunehmende Bevölkerungswachstum und die zunehmende Erhitzung, welche den Energiebedarf in Ballungsräumen weiter antreiben. Um die Zukunftsfähigkeit von Städten und die Lebensqualität ihrer Bewohner*innen zu sichern, kommt Smart Cities eine tragende Rolle zu. Intelligente Städte und Gebäude können die Energieeffizienz wesentlich verbessern, schließlich geht allein in der Europäischen Union 40 Prozent des Energieverbrauchs auf Gebäude zurück.

Damit eine Stadt auch wirklich zu einer Smart City wird, benötigt es Vernetzung. Ein Komplex allein ist nicht ausreichend, um den Verbrauch in Städten intelligent zu steuern. Das verbindende Element ist der eigenständige Austausch der Gebäude untereinander, sodass der Mensch so wenig wie möglich in Systeme eingreifen muss, aber schnellstmöglich zu richtigen Entscheidungen kommt. Genau dazu forscht die Aspern Smart City Research GmbH seit 2013 gemeinsam mit Siemens, der Wien Energie, den Wiener Netzen, der Wirtschaftsagentur und Wien 3420. Ausgestattet mit modernster Technik stehen Gebäude unterschiedlicher Infrastruktur miteinander im Austausch, sammeln Daten und sollen nun auch künftig möglichst autonome Entscheidungen zugunsten klimafreundlicher Energienutzung treffen.

Die ASCR hat ihre beforschten Gebäude in aspern Seestadt schon in der ersten Forschungsphase digitalisiert und mit Sensoren versehen, sodass die sogenannten Testbeds – ein Wohngebäude, Studierendenwohnheim, ein Bildungscampus, ein Technologiezentrum und ein Bürogebäude mit Sportanlagen und Garagenplätzen – im Livebetrieb Daten zu Energieverbrauch, Netzbelastung und Nutzungsgewohnheiten der Bewohner*innen Vorhersagen und Entscheidungen bei Störungen treffen können. In der aktuellen Forschungsphase wurden Photovoltaik-Anlagen, Solarthermie, Hybridanlagen und Wärmepumpen, aber auch E-Ladestationen mit selbstlernenden Systemen versehen, die im Livebetrieb aus mehr als 1,5 Mio. Datenpunkten schöpfen und diese bewerten können. So reagieren die Netze eigenständig auf Veränderungen oder Störungen – je unter Berücksichtigung von Informationen der Nutzungsgewohnheiten, der Sensordaten und der Wetterprognose berechnen die „sprechenden“ Gebäude den Energiebedarf und die eigene Produktion. Der ASCR ist es damit gelungen, den Energieverbrauch von Gebäuden nicht nur intelligent zu nutzen, sondern auch zu produzieren und bei Bedarf in das Netz einzuspeichern. Bei systemrelevanter Infrastruktur wie Krankenhäusern kann somit im Gebäudebetrieb Störungen vorhergesagt und – noch viel wichtiger – Ausfälle verhindert werden.

Verbindung der physikalischen und digitalen Welt

Um den Energieverbrauch, die Netzbelastung unter Berücksichtigung der Nutzungsgewohnheiten von Bewohner*innen besser zu verstehen, reicht es allerdings nicht aus, Gebäude oder Städte zu digitalisieren. Vielmehr sind die Konnektivität und später die Automatisierung der wesentliche Schlüssel für mehr Energieeffizienz.

Für Netzbetreiber ist es wichtig zu erfahren, zu welchen Zeiten Energiespitzen das Netz belasten oder wann Energie gespeichert werden kann. Netze müssen reagieren, Störungen erkennen, selbst beheben – und später eigenständig Entscheidungen treffen und daraus lernen können. Dafür untersucht die ASCR nun gemeinsam mit der Siemens, Wien Energie und den Wiener Netze, wie Netze, Gebäude, aber auch die Informations- und Kommunikationstechnologie zu autonomen Zusammenschlüssen werden. Die Systeme bringen dabei die Interessen aller zusammen, etwa von Netzbetreiber, Wärmeanbieter und Bewohner*innen.

Autonome Gebäude sind im Kommen

Während smart Buildings bereits selbst Entscheidungen hinsichtlich Energieverbrauch und -verteilung treffen, streben autonome Gebäude, um die Umweltbelastung zu optimieren und den Energieverbrauch zu senken, einen wesentlich höheren Automatisierungsgrad als intelligente Gebäude an. Intelligente Gebäude regeln betriebliche Aspekte des Gebäudes, wie beispielsweise die Regelung von Heizung, Kühlung und Energieverbrauch. Autonome Gebäude gehen einen Schritt weiter und zielen darauf ab die Kosten für Instandhaltung eines Gebäudes zu senken oder verbessern mit Hilfe der Vernetzung der gesammelten Daten die Umweltauswirkungen und CO2-Ausstoß eines Gebäudes. Autonome Gebäude agieren dabei nicht als isolierte Einheit, sondern sind Teil einer Interaktion zwischen Gebäuden und intelligenten Systemen für Wasserversorgung, Wärme- und Kälteregelung aber auch für die Netzinfrastruktur.

Immer mehr Städte werden zu smarten Gefügen – der nächste Schritt aus Sicht der ASCR wäre demnach diese zu automatisieren und ein vernetztes System zu schaffen. Nur wenn ein Datenaustausch möglich gemacht wird und die gesammelten Infos in Entscheidungen miteinfließen können, können Städte den großen Herausforderungen der Zukunft gerecht werden: der Klimakrise, der Überhitzung von Städten und dem erhöhten Energiebedarf.

 

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3 Fragen an…

Jasmine Ramsebner widmet sich als Produktmanagerin bei der KEBA Group im Bereich e-Mobility der Weiterentwicklung intelligenter Ladelösungen. Als Botschafterin bei der Austrian Automotive Transformation Plattform (AATP), die über alle Sektoren hinweg das Ausschöpfen des nationalen Wertschöpfungspotenzials in der E-Mobilität unterstützt, bringt sie die Perspektive Ladeinfrastruktur ein und repräsentiert die Plattform nach außen. Die Expertin für E-Mobilität, Energiewirtschaft und Supply Chain Management war Generalsekretärin des Bundesverband für Elektromobilität Österreich (BEÖ) und leitete mehrere Forschungsprojekte an der TU Wien. ASCR Geschäftsführer Robert Grüneis hat bei der Expertin nachgefragt, was es für den Boom der E-Autos benötigen wird.

Welchen Beitrag kann die E-Mobilität zu einer erfolgreichen Energiewende beitragen und welche Infrastruktur benötigt es dafür?

Als neue Antriebstechnologie ist die E-Mobilität aktuell dabei, sich in allen Belangen am Markt zu etablieren. Die vorteilhaften Bedingungen für Flotten sind eine optimale Startposition, um e-Mobilität unter die Leute zu bringen, den Markt anzukurbeln und neben der Treibhausgasreduktion auch die Preise in der Erstanschaffung von Fahrzeugen und Infrastruktur für Privatkund*innen zu senken. Ein wichtiger Aspekt, um die Akzeptanz für den Umstieg auf ein E-Fahrzeug zu erhöhen, ist die Verfügbarkeit, Leistbarkeit und Userfreundlichkeit von Ladeinfrastruktur. Zudem hängt die erfolgreiche Mobilitätswende im Individualverkehr am Anteil erneuerbaren Stroms im Energiesystem ab und entsprechenden Technologien zur Laststeuerung, um diese optimal zu nutzen und den Leistungsbedarf gering zu halten. Mittels intelligenter Ladeinfrastruktur, digitalen Schnittstellen zum Netz und den Usern und der Integration von beispielsweise lokaler PV- Erzeugung kann E-Mobilität nicht nur userfreundlich sein, sondern sogar einen Beitrag zum nachhaltigen Management des Energiesystems leisten.

Welche Rolle kommt Städten hierbei zu?

Städte bieten als Ballungsraum primär eine optimale Grundlage und Infrastruktur um die Zahl an Fahrzeugen in Privatbesitz zu minimieren und durch attraktive Fuß und Radwege, e-Car-Sharing Angebote und öffentliche Verkehrsmittel den Gesamtenergiebedarf zu minimieren.

Andererseits können im urbanen Raum Individualfahrzeuge zu Hause oder am Arbeitsplatz optimal im Pulk und über lange Parkzeiten geladen werden, um so die Netzbelastung zu minimieren, gesellschaftliche Mehrkosten zu vermeiden und die Nutzung erneuerbarer Energie im gesamten Stadtkontext zu steuern. Smart City Projekte, wie etwa die aspern Seestadt, zeigen auf wie Synergien zwischen verschiedenen Akteur*innen im erneuerbaren Energiesystem, so auch die E-Mobilität, optimiert werden können. Die Forschung der ASCR ist für den Ausbau insofern relevant, da in der aspern Seestadt eine intelligente Ladeinfrastruktur entwickelt wird. Unter Berücksichtigung von Fahrzeugtyp und Ladestatus, aktuellen Netzparametern sowie der Wetterprognose für die Energieproduktion der lokalen PV-Anlage wird nicht nur eine optimale Ladestrategie berechnet, sondern auch der gesamte Lebenszyklus der User abgebildet. So weiß das Forschungsteam, wann und zu welchem Zeitpunkt geladen wird – dieser Zyklus ist unerlässlich für einen intelligenten Ausbau.

Wie wird sich (E-)Mobilität in den nächsten Jahren entwickeln und sind wir dem E-Auto Boom gewachsen? (in Richtung Infrastruktur?)

Mit dem Hochlauf der E-Mobilität wachsen auch die Anforderungen an Ladeinfrastruktur und ihre Funktionalitäten. Etwa 85% der Ladevorgänge werden zu Hause oder am Arbeitsplatz durgeführt – hierauf wird in den nächsten Jahren jedenfalls ein Fokus in der Weiterentwicklung liegen, um die Flexibilität für Lastverschiebungen bei langen Parkzeiten optimal zu Nutzen.[1] So kann mit der verfügbaren Anschlussleistung das Ladeangebot maximiert werden.

Mit einer steigenden Anzahl von Akteur*innen als erneuerbare Stromabnehmer*innen und Erzeuger*innen, darunter auch E-Fahrzeuge, steigt die Relevanz von digitalen Schnittstellen zum Stromnetz für entsprechende Transparenz und Steuerbarkeit. Ein spannender nächster Schritt für intelligentes Lademanagement wird mittels ISO 15118 an der Schnittstelle zum Fahrzeug ermöglicht, unter anderem durch Informationen über den Ladestand der Fahrzeugbatterie und den Voraussetzungen für vehicle-to-grid Applikationen.

 

[1] Quellen:

e-Mobility Check Leitfaden_final_200616 (1).pdf

Faktencheck E-Mobilität – Antworten auf die wichtigsten Fragen zur E-Mobilität (klimafonds.gv.at)

VCÖ-Factsheet: Nachrüsten von E-Ladestationen im Wohnrecht erleichtern – Mobilität mit Zukunft (vcoe.at)

My home is my Ladestation • BEÖ •• Bundesverband Elektromobilität Österreich (beoe.at)

 

 

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ASCR Smart City Forum – E-Mobilität

Die Zukunft der Individualmobilität wird elektronisch sein

Die Aspern Smart City Research GmbH (ASCR) lud am 20. September zum Auftaktevent der neuen Veranstaltungsreihe „Smart City Forum“. Mehr als 50 Branchenxepert*innen folgten dem Ruf der Forschungsgesellschaft in das neue Demo Center in die aspern Seestadt. Moderator Harald Loos (Siemens) diskutierte gemeinsam mit Jasmine Ramsebner (Bundesverband Elektromobilität Österreich), Oliver Danninger (accilium), Boschidar Ganev (Austrian Institute of Technology) und Sascha Zabransky (Wien Energie), wie sich die E-Mobilität künftig entwickeln wird und welche infrastrukturellen Anpassungen dies benötigt. Das Fazit: Die Zukunft der Individualmobilität wird elektronisch sein. Markus Tatzer (MOON GmbH) startete mit einer kurzen Keynote in den Abend.

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte ASCR Geschäftsführer Georg Pammer die zahlreichen E-Mobilitätsexpert*innen in ihrem neuen Demo Center und veranschaulichte, wieso für die Erreichung der EU-Klimaziele und dem steigenden Mobilitätsbedarf die Forschung zu E-Mobilität verstärkt notwendig ist. Markus Tatzer, Geschäftsführer der MOON GmbH, zeigte in einer kurzen Keynote aktuelle Entwicklungen der E-Autoindustrie auf. Laut Tatzer sind bereits heute 50 Prozent aller Fahrzeuge vernetzt. Die Umstellung von Benziner auf E-Autos ist notwendig, um die Ziele des Green Deal zu erreichen und um den CO2-Ausstoß auf Österreichs Straßen zu stoppen.

Markus Tatzer, Moon GmbH, ©Andreas Tischler

Die Zukunft des Individualverkehrs wird elektrisch sein, damit war sich das hochkarätige Podium einig. „Im Sinne der Energiewende spricht die Effizienz entlang der gesamten Energielieferkette klar für die Forcierung des direkten Antriebs mit erneuerbarem Strom – dieser hat sich im PKW-Bereich bereits bewährt. Die Technologieentscheidung im Güterverkehr auf der Langstrecke unterliegt noch großer Unsicherheit. Ein Überdenken des Modal Split hätte Potenzial, um auch hier eine effiziente erneuerbare Energienutzung zu ermöglichen“, erklärte Jasmine Ramsebner, Generalsekretärin Bundesverband Elektromobilität Österreich. Auch Oliver Danninger, Associate Partner von accilium, betont, dass batterielektrische PKWs in Europa der dominierende Antrieb sein werden, uns Verbrenner mit e-fuels aber vor allem im globalen Süden noch weiterhin begleiten werden. „Bis 2040 wird global gesehen vielmehr ein Mix aus Antrieben mit regenerativer Energie vorherrschen. Denn: Die Höhe des BIP einer Nation korreliert mit der Höhe des Gesamt-Wirkungsgrad der marktdominierenden Antriebstrangvariante“, so Danninger.

Um beim weiterhin anhaltenden Boom der E-Autos Netzstabilität zu garantieren, benötigt es eine Steuerung des Ladevorgangs und intelligente Ladeinfrastruktur. Damit kann Flexibilität beim Ladevorgang geboten und mögliche Stromspitzen ausgeglichen werden. Schließlich finden über 80 Prozent der Ladevorgänge zuhause oder am Arbeitsplatz statt, dafür benötigt es jedoch eine flächendeckende Infrastruktur. Ein Schlüssel liegt dabei in der Verbindung der Netze, den Usern und schließlich den Autos. „Für die notwendige rasche Skalierung von E-Ladeinfrastruktur braucht es eine gut funktionierende Koordination zwischen Hersteller, Dienstleister, Energieversorger, Netzbetreiber, Bestandsgeber und Behörden. Nur so wird uns die Wende zur CO2 freien Mobilität gelingen“, so

Oliver Danninger, Harald Loos, Jasmine Ramsebner, Boschidar Ganev, Sascha Zabranksy   ©Andreas Tischler

 

Sascha Zabransky, Geschäftsfeldleiter Telekommunikation und neue Geschäftsfelder bei Wien Energie. Laut Boschidar Ganev, Research Engineer beim Austrian Institute of Technology, muss die lokale Industrie allerdings auch einen Fokus auf die Herstellung von Batterien legen. „Die Challenge liegt darin, die Produktion von Batterien nach Europa zu holen. Notwendige Rohstoffe sind dafür oftmals nur knapp oder kaum in Europa vorhanden. Es wird künftig stark darum gehen, das Design der Batterie so zu gestalten, dass möglichst viel der Wertschöpfung in Europa stattfindet, sowie die Ökobilanz, Lebensdauer und das Recycling von Batterien zu verbessern, so dass diese in Einklang mit einer Kreislaufwirtschaft stehen“, erläuterte Ganev.
Bevor Harald Loos, Leiter der zentralen Forschungseinheit bei Siemens Österreich, die Gäste in den entspannten Ausklang des Abends schickte, präsentierte Klaus Katschinka, Business Developer E-Mobilität bei Wien Energie, die aktuellen Ergebnisse zum Use Case 11: Dabei entwickelt die ASCR gemeinsam mit der Wien Energie, Siemens und den Wiener Netzen intelligente Ladelösungen für E-Autos durch Einbindung regionaler Energie. Indem die verfügbare Netz-Leistung, die Produktion der hausinternen PV-Anlage, sowie der aktuelle Füllstand der Batterie beim Ladeprozess berücksichtigt werden, kann Belastungsspitzen entgegengewirkt werden.

Weitere Highlights des Abends waren unter anderem Führungen im neuen Demo Center der ASCR von Alfred Einfalt, Principal Key Expert bei Siemens Österreich, zu verschiedenen Simulationen von Ladesituationen mit einem in der ASCR entwickelten System. Darüber hinaus zeigte Michael Schuff (Business Development bei Wien Energie) den zahlreichen Interessierten die Ladestationen, die im SeeHUB in der Aspern Seestadt unter verschiedenen Versuchsbedingungen getestet werden, sowie die eigens entwickelte Smartphone App zur Benutzerinteraktion.

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Hoher Besuch aus Kasachstan

Die Aspern Smart City Research hat in der aspern Seestadt Besuch aus Kasachstan erhalten: ASCR-Geschäftsführer Robert Grüneis hat Yerlan Kanalimov, dem Vorsitzenden des Stadtparlaments von Nur-Sultan, die Forschungsarbeit der ASCR, dem größten Energieforschungsprojekts Europas, präsentiert.

Allein in den letzten 20 Jahren hat sich die Stadtbevölkerung von Nur-Sultan verzehnfacht, umso wichtiger war es für Kanalimov über nachhaltige Stadtentwicklung und Energieforschung zu sprechen. Nur-Sultan ist die Hauptstadt von Kasachstan und mit 1,2 Mio. Einwohner*innen die zweitgrößtes Stadt Kasachstan und ist eine der jüngsten Hauptstädte der Welt. 1997 wurde die Hauptstadt von Almaty nach Nur-Sultan (vormals Astana) verlegt. Mittlerweile haben mehr als 60 Staaten eine Botschaft in Nur-Sultan. Seit 1997 wurden über 10 Mio. m2 staatliche Wohnanlagen errichtet. Die Stadtplanung basiert auf den Entwürfen des japanischen Architekten Kisho Kurokawa. Namhafte internationale Architekten, wie Norman Foster oder Zaha Hadid, prägen mit Ihren Bauwerken die Skyline.

Durch Nur-Sultans zentrale Lage in Kasachstan ist die Stadt zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt geworden. Außerdem liegt diese im Herzen des eurasischen Kontinents und soll daher künftig verstärkt als Transport-, Kommunikations- und Logistikzentrum entlang der Transitbrücke zwischen Europa und Asien genutzt werden.

Kasachische Delegation legt Fokus auf nachhaltige StadtentwicklungEnergieforschung und Bauen

In der aspern Seestadt präsentierte Marvin Mitterwallner, Experte der Wien 3420 AG, die innovative Energieforschung und das Stadtentwicklungsprojekt aspern Seestadt. ASCR Geschäftsführer Robert Grüneis stellte die einzelnen Use Cases und Ergebnisse rund um das größte Energieforschungsprojekts Europas vor und Kurt Hofstetter, Koordinator von IBA Wien, teilte Einblicke zu den Projekten des sozialen Wohnbaus.

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Lösungen für die Energiezukunft: Forschungszwischenstand zur Halbzeit

Bereits seit 2018 läuft die zweite Programmperiode der ASCR. Ein interdisziplinäres Team aus rund 100 Forscherinnen und Forscher forscht aktuell in insgesamt 17 Use Cases an Lösungen für die Energiezukunft. Dabei konnte bereits einiges erreicht werden. Zur heurigen Halbzeit des aktuellen Forschungsprogramms bestand folglich Anlass genug, um gemeinsam mit den Gesellschafter-Unternehmen eine Zwischenbilanz zu ziehen und die bisherigen Ergebnisse sowie erwartete künftige Potenziale zu präsentieren.

In drei online gestreamten Pitch-Sessions führten die Use Case Leitenden durch ihre bisherige Arbeit. Der über insgesamt 15 Themenschwerpunkte geschlagene Bogen reichte vom Lebenszyklus der Gebäude über innovative Energiekonzepte und die Digitalisierung der Verteilnetze bis hin zur Forschungsauswirkung auf die einzelnen Menschen. In Folge wollen wir Ihnen einige unserer Leuchtturmprojekte vorstellen.

Vom optimierten Eigenverbrauch zum Netz der Zukunft

Waren Gebäude früher reine Konsumenten von Energie, können sie heute Energie speichern und sogar produzieren. Mittels eigens in der ASCR entwickeltem Building Energy Management System (BEMS), das dank Sensorik und Daten aus dem Gebäude und externen Quellen wie z.B. dem Wetterbericht erlaubt, in die Zukunft zu blicken, kann deren Eigenverbrauch bereits heute automatisiert optimiert werden. So werden CO2-Ausstoß und Belastung des Stromnetzes reduziert. In der aktuellen Forschung steht zudem der Einsatz von BEMS als Schnittstelle in einem verteilten Energiesystem im Mittelpunkt.

Um der zunehmenden Zahl von Elektroautos und den damit steigenden Herausforderungen für das Stromnetz zu begegnen, beforscht die ASCR intelligente Ladeinfrastruktur und -Strategien, die die elektrische Last steuerbar macht und die Nutzung volatiler erneuerbarer Energien erleichtert. Auch die produzierenden Gebäude spielen hier eine Rolle: In Kombination mit steuerbaren Elektromobilitätslasten sollen sie den zunehmenden Strombedarf abfedern und dann abdecken, wenn die KundInnen die Energie tatsächlich brauchen. Ein Batteriespeicher ermöglicht zudem, die elektrische Energie zu puffern – eine wichtige Lösung, um Spitzen im Energieverbrauch eines Stadtteils zu nivellieren und die Netz-Resilienz zu erhöhen.

Um Innovationen wie verteilte Energiesysteme oder netzorientiertes Laden realisieren zu können, braucht es eine Weiterentwicklung der bestehenden Verteilnetze. Ein vielversprechendes Werkzeug, das als Teil des Schwerpunktes „Netzorientiertes Laden“ erstmalig zum Einsatz kam, ist der „City Graph“. Das von Siemens und Microsoft in Zusammenarbeit mit Wiener Netze und ASCR entwickelte Datenmodell ermöglicht dem Netzbetreiber schon im Vorfeld zu wissen, wo und wann die nächsten Lastspitzen durch Elektromobilität zu erwarten sind. Dadurch können Aktionen wie z.B. die Aktivierung von dezentralen Stromspeichern vorausschauend durchgeführt und mögliche Überlastungen vermieden werden.

Videos der Pitch-Sessions können Sie hier abrufen: www.ascr.at/halbzeit2023