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Innovationen für nachhaltige Energiezukunft

Das größte Energieforschungsprojekt Europas, die Aspern Smart City Research GmbH (ASCR) startet die dritte Programmperiode, die von 2024-2028 unter dem Motto „ASCR NeXt Level. 2028“ läuft. Die dritte Phase des Forschungsprojektes baut auf einem “Living Lab” und bereits etablierten Innovationen auf und strebt nach einer ganzheitlichen Lösung für die Energiezukunft im urbanen Raum. Der Startschuss für erste Projekte ist bereits gefallen: in aspern Seestadt entsteht der Blueprint eines digitalisierten, elektrischen Verteilnetzes als Ermöglicher der Energiewende, Umstiegsmöglichkeiten eines Gründerzeithauses auf saubere Energie werden untersucht, sowie das Technologiezentrum der Wirtschaftsagentur Wien wird im Bereich der Energieversorgung automatisiert.

„Die Stadt Wien beschäftigt sich schon seit langem mit der Energiewende und setzt dabei auf evidenzbasierte Lösungen, die im Zusammenspiel von Forschung und Wirtschaft entwickelt wurden. Die ASCR ist ein Erfolgsbeispiel für eine solche Kooperation – so, wie es aspern Seestadt international für eine moderne Smart City ist. Modernste Technologie, Benutzer*innenfreundlichkeit und Ressourcenschonung stellen dabei die Prämissen dar. So stellt Wien als Pionier die Weichen für eine dekarbonisierte Energiezukunft“, freut sich Peter Hanke, Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke, über den Start der neuen Programmperiode.

Die Forschungsgesellschaft wurde 2013 gegründet und befindet sich mittlerweile in der dritten Phase „ASCR NeXt Level“ (2024 – 2028). Die erreichten Innovationen und bereits auf dem Markt befindlichen Lösungen haben internationale Beachtung und Anwendung gefunden. In der dritten Phase werden die bisher erarbeiteten Innovationen in agiler Art und unter Verwendung neuester Technologien auf die Stadt skaliert. . Dazu sehen die Gesellschafter rund 36 Millionen Euro vor, wovon rund 26 Millionen Euro in die Forschungstätigkeiten und rund vier Millionen Euro in den weiteren Aufbau und Betrieb von Infrastruktur fließen.

 

Gerhard Fiegel, Peter Hanke, Patricia Neumann, Peter Weinelt, Matthias Gressel, Harald Loos, Gerhard Hirczi, Thomas Maderbacher

ASCR setzt ein neues Level

„Im internationalen Vergleich sehen wir, dass die ASCR europaweit und darüber hinaus das einzige Living Lab in dieser Größenordnung und Komplexität ist, das mit realen Systemen und Infrastrukturen agiert und gemeinsam mit Kund*innen im Bereich Gebäude und Energienetze an Lösungen für die Zukunft arbeitet – vom smarten Stromnetz bis zur intelligenten Ladeinfrastruktur und dem automatisch gesteuerten klimaneutralen Haus“, so Patricia Neumann, CEO Siemens AG Österreich. In der dritten Forschungsphase werden neben dem bisherigen Living Lab in der aspern Seestadt auch andere repräsentative Gebäude und städtische Infrastruktur der Stadt Wien miteinbezogen. Dazu zählen Gründerzeithäuser und Gebäude mit gewerblicher Nutzung im innerstädtischen Bereich sowie Krankenhäuser (Klinik Floridsdorf) und Industrie. Mit diesem Mehr an Forschung agiert die Stadt Wien konsequent gemäß ihrer Smart City-Strategie.

Der Paradigmenwechsel im Energiesystem und in der städtischen Infrastruktur bringt neue Herausforderungen mit sich, denen sich das Konsortium im Rahmen der folgenden Themenbereiche stellt.

  1. Raus aus Gas im Bestandsgebäude für Wohnen und Arbeiten

Als stark wachsende Metropole benötigt die Stadt Wien eine Infrastruktur die Innovation, Digitalisierung und Klimaschutz miteinander vereint. Für die Wiener Stadtwerke-Gruppe als neuer Gesellschafter ist es wichtig, diese Themen in Forschungsprojekte der ASCR zu übersetzen. Ein Schwerpunkt widmet sich daher der Herausforderung, technische und soziale Lösungen zu entwickeln, um in bewohnten Bestandsgebäuden, z. B. auch in Wiener Gründerzeitgebäuden, von fossilen auf erneuerbare Energieträger umzurüsten – kostengünstig und ohne Beeinträchtigung der Mieter*innen.

„Wir gewährleisten für alle Wiener*innen auch und in Zeiten der Energiewende höchste Versorgungssicherheit. Dabei haben der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen und der effiziente Einsatz von Investitionen absolute Priorität. Gelebte Innovationen und Wissenstransfers bieten uns mit unserem Einstieg bei der ASCR eine hervorragende Basis, an der Energiezukunft zu arbeiten“, so Peter Weinelt, Generaldirektor der Wiener Stadtwerke-Gruppe.

Die Wiener Stadtwerke-Gruppe bzw. die Wirtschaftsagentur Wien haben gemeinsam mit der ASCR zwei Bestandsgebäude, (eines mit Büro-, das andere mit Wohnnutzung) in Wien für den Gasausstieg ausgewählt, um einen Blueprint für die gesamte Stadt zu entwickeln. Im Forschungsfeld stehen neben dem Umstieg, der im Wohnbau sozialwissenschaftlich begleitet werden soll, vor allem die Energie- und Kosteneffizienz der Anwendungen im Fokus. Außerdem werden Rollout-Szenarien entwickelt, die die Netzinfrastruktur und den Netzausbau miteinbeziehen. Aus dem Forschungsprojekt soll ein Leitfaden entstehen, der Gebäudeträger und Netzbetreiber Erkenntnisse für einen sicheren Umstieg liefern kann. Dabei werden Forscher*innen Fragestellungen bearbeiten – welche Energieträger Sinn machen, wie thermische Optimierung umgesetzt wird und wo es smarte Sensorik braucht.

  1. Vom smarten zum autonomen Gebäude

In der letzten Forschungsphase wurden die „Testbeds“, also die Forschungsgebäude der ASCR, mit intelligenter Technik ausgestattet. Viele Millionen Datensätze konnten auf diese Weise gesammelt und darauf aufbauend neue Lösungen entwickelt und erprobt werden. Die gesammelten Daten werden in Form eines digitalen Zwillings über die gesamte Lebenszeit sowohl Bau als auch Facility Management zur Verfügung gestellt. Nun geht die ASCR einen Schritt weiter und macht die Gebäude wie das Technologiezentrum Seestadt zu „autonomen“ und „resilienten“ Gebäuden. Eine Voraussetzung für den autonomen und effizienten Betrieb ist die Zufriedenheit der Nutzer und die Funktionsfähigkeit der Gebäude selbst. Deshalb werden in einem gesamtheitlichen Ansatz neben der Betrachtung des Energiesystems auch Sicherheitssysteme wie Brandschutz und Personenmanagement (Zutrittssysteme und Logistik) sowie Cyber Security berücksichtigt.

„Durch die Verbindung der realen und digitalen Welten wollen wir einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Dies gelingt uns nur im Ökosystem mit unseren Partnern der Stadt Wien und darüber hinaus involvierten Expert*innen. Durch die bereits etablierte Plattform Building X machen wir die Komplexität eines Gebäudes beherrschbar und erlauben einen zentralen Zugriff auf Daten und Systeme. Dadurch lassen sich individuelle Lösungen bauen, was zu einer deutlichen Verbesserung der Gebäudeleistung führt und Gebäude nachhaltiger macht. Dazu kommt, dass Expert*innenn einfach auf die Fülle an Daten zugreifen und so beispielsweise Defizite vorzeitig erkennen können“, betont Patricia Neumann, CEO Siemens AG Österreich. Die „intelligenten Gebäude“ der Zukunft verfügen über digitale Steuerung und selbstlernende Systeme. So können diese intelligenten Gebäude ihre inhärent vorhandenen Flexibilitäten selbst zur Dekarbonisierung nutzen, aktiv am Energiemarkt vermarkten oder Netzbetreibern anbieten und somit einen Beitrag zur systemischen Dekarbonisierung leisten – hierdurch lassen sich die Energiekosten der Gebäude minimieren.

  1. Ganzheitliche Quartierlösungen am Beispiel aspern SeeCarré

Neben Lösungen für einzelne Gebäude geht es erstmals auch um eine ganzheitliche Energieversorgung für Quartiere, die z. B. den Betrieb von Energiegemeinschaften ermöglicht. So werden Fernwärme und -kälte in gesamthafte Stadtplanung integriert – und Konzepte entwickelt, wie sich über unterschiedliche Gebäude hinweg die Abwärme im Sommer sinnvoll nutzen lässt. Ein geplantes Projekt, das die ASCR gemeinsam mit Wien 3420 erarbeitet, ist ein Energiekonzept für ein Quartier in aspern Seestadt. Die ASCR berät mit dem Ziel, die unterschiedlichen Interessen von Wohnbau, Handel und Bürobetrieb in einem ganzheitlichen Energiekonzept zu vereinen und skalierbare Lösungen für Stadtquartiere der Zukunft anzubieten. Zudem werden neuartige Zusammenarbeitsmechanismen zwischen den Stakeholdern im Rahmen von Quartierswerkstätten erarbeitet.

  1. Digitale Umgebung für agiles Forschen am Stromnetz der Zukunft

Eine Energiewende mit volatiler Einspeisung elektrischer Energie beispielsweise aus Photovoltaik-Anlagen und Windkraftanlagen kombiniert mit steigendem Strombedarf mit erhöhter Gleichzeitigkeit durch Wärmepumpen und Elektroautoladung bedeutet eine große Herausforderung für die Verteilnetzinfrastruktur. Bis 2030 will Österreich seinen Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen decken. Wie müssen flexible, resiliente und intelligente Stromnetze daher beschaffen sein? Wie lässt sich eine Vielzahl neuer und unterschiedlicher Teilnehmender optimal integrieren? Wie gehen die Netze mit unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Nutzer*innen und Marktteilnehmer*innen um?

Unter der Prämisse, weiterhin höchste Versorgungssicherheit auch in Zeiten der Energiewende zu gewährleisten, widmet sich die ASCR all diesen Fragen im Rahmen dreier Forschungsschwerpunkte: der Aufbau und Betrieb des Blueprints eines digitalisierten, elektrischen Verteilnetz-Testbeds, die Ableitung neuer Planungskonzepte und Sicherstellung der Übertragbarkeit auf das gesamte Versorgungsgebiet sowie die Entwicklung und Etablierung eines neuen Nutzer*innen-Kollaborationskonzeptes, um Flexibilitäten von Kund*innen optimal zu nutzen.

 

  1. Intelligente Infrastruktur – Mehr E-Mobilität bei gleichzeitig möglichst niedrigem Bedarf an Netzleistung

Klimafreundliche Mobilität erfordert auch eine intelligente Infrastruktur für E-Fahrzeuge – die Zulassungszahlen und Nutzungsintensität von Elektroautos werden steigen. Die ASCR entwickelt in diesem Bereich Blueprints für unterschiedliche Elektromobilitätslösungen. Darunter die intelligente Garage und ein aufeinander abgestimmtes Interaktionskonzepte von User*in, Auto, Ladestelle, Gebäudesteuerung und Stromnetz. Außerdem wird an Lösungen gearbeitet, wie Elektromobilität in Energiesystem unterschiedlich genutzter Gebäude integriert werden kann und so Synergien genutzt werden können. Mit intelligenter Ladeinfrastruktur soll der Bedarf an Netzleistung um 40 Prozent reduziert werden können.

In diesem Zusammenhang soll an Bestandsgaragen in aspern Seestadt und in der Wiener Innenstadt geforscht werden. Der Fokus liegt hier auf der Frage, mit der vorhandenen Netzinfrastruktur und Gebäudeinfrastruktur E-Mobilität effizient ausgerollt werden kann – vor allem unter der Annahme, dass im öffentlichen Raum immer weniger Parkplätze verfügbar sind und sich die Ladevorgänge in Tief-, aber auch Hochgaragen verlagern wird.